Freiwillige Feuerwehren über Nacht aufgelöst
Brandschutz durch zentrale Berufsfeuerwehren in der Praxis unmöglich

Die Mitterolanger Feuerwehr in der Zeit des Faschismus vor dem „magazzino pompieri“, in der Mitte sitzt eine Frau © Südtiroler Landesarchiv, Sammlung Option-Tiroler Geschichtsverein

Im Jahr 1925 verbieten die italienischen Machthaber in Südtirol nach und nach alle deutschsprachigen Vereine, Organisationen und Verbände. Als erste trifft es die Freiwilligen Feuerwehren, die am 9. Juni sprichwörtlich über Nacht per Dekret aufgelöst wurden. Ausrüstung, Löschgerät und Uniformen gingen in das jeweilige Gemeindeeigentum über. Anstelle der Freiwilligen Feuerwehren traten staatlich reglementierte Berufsfeuerwehren in Bozen, Meran, Brixen, Bruneck, Sterzing und Neumarkt. Aufgrund der damaligen Straßenverhältnisse war es meist jedoch nicht möglich, entlegene Orte und Weiler im Notfall rechtzeitig zu erreichen, weshalb stillschweigend kleine Gemeindefeuerwehren unter der strengen behördlichen Aufsicht des jeweiligen „Podestà“ und des „Commissario Prefettizio“ zugelassen wurden.
Die faschistische Tageszeitung Il Brennero berichtet am 11. Juni über die Auflösung der „sogenannten Feuerwehrkorps österreichischer Art“ und die nächsten Schritte:
„Für den Feuerwehrdienst müssen von nun an die Gemeinden direkt sorgen, im Rahmen der ihnen durch das Gemeinde- und Provinzgesetz übertragenen Zuständigkeiten. Dem unten wiedergegebenen Dekret ist ein Regelwerk beigefügt, nach dem die Gemeinden ihre Dienstordnung zu erlassen haben. Darin wird erneut bekräftigt, dass das Feuerwehrkorps kein eigenständiges Organ, sondern ein gemeindlicher Dienst ist, der den Gemeinden per Gesetz als öffentliche Aufgabe übertragen wurde. Es wird festgelegt, dass das Korps direkt dem Bürgermeister oder dem von diesem beauftragten Assessor untersteht. Die Voraussetzungen für die Aufnahme in das Korps entsprechen im Allgemeinen jenen, die das Gemeinde- und Provinzgesetz für alle Gemeindebediensteten vorsieht.
Der Kommandant und der Vizekommandant sind unter jenen zu wählen, die bereits als Offiziere oder Unteroffiziere im italienischen Heer oder in anderen staatlichen, provinziellen oder kommunalen, militärisch organisierten Körperschaften nach italienischer Rechtsordnung gedient haben. Unteroffiziere sollen vorzugsweise aus ehemaligen Dienstgraden des italienischen Heeres oder ähnlicher Organisationen stammen. Sollten diese Voraussetzungen nicht gegeben sein, müssen Bewerber für das Amt des Kommandanten oder Vizekommandanten ihre technische Eignung für den speziellen Dienst sowie ihre Führungsqualitäten durch ein Zeugnis der Militärbehörde nachweisen. Die Mitglieder des Feuerwehrkorps erhalten von der Gemeinde keine regelmäßige Vergütung, sondern eigene Entschädigungen für geleistete Einsätze, einschließlich der Übungen. Die Gemeinde ist auch für die Bereitstellung der Uniformen, Ausrüstung und dergleichen verantwortlich.
Laut Artikel 104 der Durchführungsverordnung zum Gemeinde- und Provinzgesetz dürfen keine Uniformen oder Dienstgradabzeichen verwendet werden, die denen des Heeres, der Marine oder anderer bewaffneter Staatsorgane ähneln; daher bedürfen diese der Vorabgenehmigung durch die vorgesetzten Stellen. Alle Angehörigen des Korps müssen bei ihrer Aufnahme ein feierliches Gelöbnis gemäß nach dem vorgeschriebenen Wortlaut ablegen.“
Maria Pichler
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Generalsekretariat des EVTZ "Europaregion Tirol - Südtirol - Trentino"
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