Nach dem Zerfall der Habsburgermonarchie und der Abtretung Südtirols an Italien war Osttirol vom übrigen Bundesland Tirol territorial getrennt und entwickelte sich zu einem eher randständigen Grenzgebiet, abgeschnitten von Teilen der alten Handels- und Verkehrsverbindungen. Die meisten Menschen lebten – wie im übrigen Tirol – von der Landwirtschaft, aber auch vom Holzhandel und vom Kleingewerbe.
Im Jahr 1925 suchte die Gemeinde Matrei i. O. nach einem Sekretär – ein Posten, der damals vor allem gut ausgebildeten Männern aus wohlhabenderen Bauern-, Handwerker- oder Beamtenfamilien vorbehalten war. Frauen hatten noch kaum Zugang zu kaufmännischer Ausbildung und höheren Verwaltungspositionen, vor allem in abgelegenen Gemeinden.
Welche Voraussetzungen der neue Sekretär erfüllen sollte, zeigt die Stellenausschreibung, die am 5. November 1925 im „Kärntner Tagblatt“ veröffentlicht wurde:
„Bei der Marktgemeinde Matrei in Osttirol gelangt die Stelle eines Sekretärs der Gemeinde, mit welcher die Stelle als Buchhalter des Gemeinde-Elektrizitätswerkes verbunden ist, zur Besetzung.
Die Anstellung erfolgt auf ein Jahr zur Probe, hernach bei guter Qualifikation definitive Anstellung im Sinne des Gemeindeangestelltengesetzes für vollbeschäftigte Angestellte.
An Kenntnissen wird verlangt: Stenographie, Maschinenschreiben, guter und selbständiger Korrespondent, bilanzsicherer Buchhalter. Der Dienstantritt hat möglichst am 15. Dezember 1925, spätestens am 1. Jänner 1926 zu erfolgen. Gesuche sind mit eigener Handschrift geschrieben bis 20. November 1925 bei der Marktgemeinde Matrei in Osttirol einzubringen. Wohnung wird zugesichert. Tiroler werden bevorzugt. Den Gesuchen ist ein Lichtbild beizulegen.
Marktgemeinde Matrei in Osttirol, den 31. Oktober 1925