Landtagswahlen: Mehrheit für die Tiroler Volkspartei
Abspaltung der Christlichen Arbeitsgemeinschaft trübt Erfolg

Altes Landhaus in Innsbruck, der Sitz des Tiroler Landtages in einer historischen Ansicht, undatiert © Architekturmuseum der TU Berlin, Inv. Nr. F 1304, gemeinfrei

Bei der Landtagswahl in Tirol am 26. April 1925 gelang es der Tiroler Volkspartei, einen klaren Sieg einzufahren, wenngleich sie dabei die bisherige Zweidrittelmehrheit an Mandaten einbüßte. Der Verlust von 4,7 Prozent der Stimmen und zwei Mandaten war der Abspaltung der christlichen Arbeiterschaft aufgrund einer strikten Finanz- und Sozialpolitik der Christlich-Sozialen Partei geschuldet. Die Unabhängige christlich-deutsche Tiroler Arbeitsgemeinschaft trat 1925 erstmals zu den Landtagswahlen an und erreichte auf Anhieb drei Mandate, wobei sie trotz der Differenzen ideologisch im Bereich der Tiroler Volkspartei einzuordnen war. Über die politischen Folgen der Wahl berichten unter anderem die Innsbrucker Nachrichten am 28. April 1925:
„Eine Veränderung hat es auch innerhalb der Tiroler Volkspartei ergeben; während früher von den 28 christlichsozialen Abgeordneten 17 dem Bauernbund und 11 dem Volksverein angehört haben, werden nunmehr nur 16 Bauernbündler und 10 Abgeordnete des Volksvereines im Landtag sitzen. Dazu kommen die drei Vertreter der Arbeitsgemeinschaft. So klein diese Gruppe ist, so wird doch von ihrer künftigen Einstellung im Landtage viel abhängen, denn die Volkspartei ist, um ihre sichere Zweidrittelmehrheit zu behaupten, auf diese drei Stimmen der Christlichen Arbeitsgemeinschaft angewiesen. Die Arbeitsgemeinschaft ist also in wichtigen Fragen das Zünglein an der Waage und hat somit bedeutenden politischen Einfluß.
Es sind daher im Kreise der Volkspartei bereits Bestrebungen im Gange, die Gruppe in einem gemeinsamen Fraktionsverband einzubeziehen; zum Wortführer dieser Bestrebungen hat sich der ‚Tiroler Anzeiger‘ ebenfalls bereits gemacht. Der ‚Anzeiger‘ sagt in einer Wahlbesprechung, daß
die Unstimmigkeiten innerhalb der Volkspartei nicht auf einen Gegensatz programmatischer Art beruhen, sondern daß es vielmehr organisatorische behebbare Mängel zu sein scheinen, denen die Mißverständnisse und Reibungen zuzuschreiben seien. Damit sei zugleich gesagt, daß alle Voraussetzungen für die gedeihliche Beilegung des Zwistes vorhanden seien.“
1926 ging aus der Unabhängigen christlich-deutschen Tiroler Arbeitsgemeinschaft der Tiroler Arbeitsbund hervor, der im Rahmen der Volkspartei wirkte und aus dem sich nach dem Zweiten Weltkrieg der heutige Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund (ÖAAB) entwickeln sollte.
Maria Pichler
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