Der Bozner Waltherplatz wird zur Piazza Vittorio Emanuele

Im Jahr 1925 wurde der Bozner Walther-von-der-Vogelweide-Platz in Piazza Vittorio Emanuele umbenannt © Österreichische Nationalbibliothek/AKON http://data.onb.ac.at/AKON/AK097_209

„… Namen geben, die besser den […] erhabenen Symbolen der Nation entsprechen“
Der Walther-von-der-Vogelweide-Platz in Bozen gilt als gesellschaftliches Zentrum der Südtiroler Landeshauptstadt. Herzstück des Platzes ist das Waltherdenkmal, das vom Vinschger Bildhauer Heinrich Natter (1844–1892) aus Laaser Marmor geschaffen wurde. Bevor die Statue 1889 in Bozen aufgestellt wurde, trug der Platz die Bezeichnungen Maximiliansplatz und Johannsplatz.
Im Jahr 1925 benannten die faschistischen Machthaber den Walther-von-der-Vogelweide-Platz in Piazza Vittorio Emanuele um. Gleichzeitig wurde auch über die Entfernung des Waltherdenkmals diskutiert – eine Debatte, die zu einer außenpolitischen Auseinandersetzung über die sogenannte „Waltherfrage“ zwischen Benito Mussolini, dem deutschen Reichskanzler Gustav Stresemann und dem bayerischen Ministerpräsidenten Heinrich Held führte. Zehn Jahre später wurde die Statue 1935 schließlich in den Peter-Rosegger-Park verlegt. 1945 wurde der Platz für kurze Zeit in Marienplatz umbenannt, bevor er wieder den Namen Waltherplatz erhielt.
Anfang der 1980er Jahre entstand unterhalb des Platzes die erste Tiefgarage der Stadt Bozen; 1981 kehrte das Waltherdenkmal wieder an seinen ursprünglichen Standort zurück.
Über die Umbenennung des Waltherplatzes schreibt die faschistische Tageszeitung Il Brennero am 1. Dezember 1925 unter dem Titel „La Piazza Whalter [sic!] intitolata a S. M. Vittorio Emanuele III“:
„Der Präfekturskommissär stellt fest, dass der größte Platz im Zentrum der Stadt derzeit nach Walther von der Vogelweide, einem mittelalterlichen Minnesänger, benannt ist. Auch wenn dieser in der Literaturgeschichte keine herausragende Rolle spielt, besitzt seine Gestalt doch einen sympathischen lokalen Bezug. Dennoch besteht heute die Notwendigkeit, den wichtigsten Plätzen der Stadt Namen zu geben, die besser den großen Taten, den bedeutenden Persönlichkeiten und den erhabenen Symbolen der Nation entsprechen.
Weiter wird festgestellt, dass heute der Geburtstag Seiner Majestät König Viktor Emanuel III. begangen wird. Unter seiner Herrschaft fanden die großartigsten Ereignisse dieser nationalen Epoche statt, deren voller und triumphaler Aufschwung durch die faschistische Revolution neuen Auftrieb erhielt. Als Seine Majestät am historischen 28. Oktober 1922 die Pforten des Quirinals öffnete, erneuerte er die großartige Geste des Hauses Savoyen, mit der der König zeigt, dass er sich mit dem Volk verbindet, sooft aus dessen Mitte eine erneuernde nationale Kraft zum Wohle und im Namen ITALIENS hervorbricht.
Daher erscheint es angemessen und besonders günstig, gerade den heutigen Tag zum Anlass zu nehmen, um dem größten Platz der Stadt einen Namen zu geben, der den neuen Entwicklungen und der bedeutenden Feier der neu aufgeschlagenen Seite der Geschichte gerecht wird, in die die erwähnten historischen Ereignisse eingeschrieben sind.
Gestützt auf Artikel 14 des geltenden Gemeinde- und Provinzialgesetzes und unter Ausübung der Befugnisse des Gemeinderats wird beschlossen, den derzeit ‚Waltherplatz‘ genannten Platz dem erhabenen Namen Seiner Majestät VIKTOR EMANUEL III., König von ITALIEN, zu widmen.“
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