Das „schwarze Gold“ in Tirol
Häring bei Kirchbichl: Tirols einzige Kohlegrube

Eine der seltenen Aufnahmen zum Bergbau in Häring, die den Tiefbauschacht zeigt, der zum Ein- und Ausfahren der Mannschaft bis 1928 verwendet wurde. © Archiv Gemeindechronik Bad Häring

In den 1920er Jahren war Kohle ein gefragter, jedoch knapper und teurer Energieträger. Das Land Tirol setzte daher zunehmend auf Alternativen, baute die Wasserkraft aus und trieb die Elektrifizierung der Eisenbahnen voran. Das einzige Kohlebergwerk von Tirol in Häring bei Kirchbichl konnte den Bedarf an Kohle nicht decken, sodass „das schwarze Gold“ importiert werden musste. In den Innsbrucker Nachrichten vom 13. Mai 1925 berichtet der Bundesminister für Handel und Verkehr Hans Schürff im Detail über die „Kohlewirtschaft in Tirol im Jahre 1924“ sowie den Verbrauch und die Herkunft des Brennstoffes und schreibt unter anderem:
„Für Tirol ergibt sich, wenn man vom Verbrauche der Bahnen absieht, folgendes Bild:
Der Gesamtbezug Tirols im Jahre 1924 betrug 76.857 Tonnen, das ist rund 1% des Gesamtbezuges Oesterreichs, der, abgesehen vom Verbrauche der Verkehrsanstalten, 6,764 Millionen Tonnen betragen hat. Von dieser Menge entfallen […] auf Steinkohle 32,4%, auf Braunkohle 47,3% und auf Koks 20,8% […] Der auffallend geringe Anteil der Steinkohle am Brennstoffverbrauche Tirols ist darauf zurückzuführen, daß die Tiroler Baustoffindustrie bisher hauptsächlich Koks bezogen hat und daß die Papier- und Zellulosefabriken des Inntales vorwiegend Braunkohle verwenden. Der Vergleich mit dem Vorjahre ergibt eine Steigerung des Verbrauches um 14%.
Wird auf die Herkunft der Kohle eingegangen, so stammen der Menge nach etwa ein Drittel aus dem Inlande und zwei Drittel aus dem Auslande. Die Förderung des einzigen Tiroler Kohlebergbaues Häring-Kirchbichl betrug im Jahre 1924 37.248 Tonnen. Aus dem Auslande wurden insgesamt 48.969 Tonnen Kohle und Koks, das ist gegenüber dem Vorjahre um 5.000 mehr bezogen; […] An der Kohlenversorgung Tirols im Jahre 1924 waren das Inland mit 36,3% […], Deutschland mit 22,1% […], Polen mit 14,4% […], England mit 12,9% […], die Tschechoslowakei mit 11,4% […] beteiligt […]. Bei einer Bevölkerungszahl Tirols von 0,31 Millionen entfiel im Jahre 1924 auf den Kopf eine Menge von 248 Kilogramm.“
In Häring bei Kirchbichl wurde – mit Unterbrechungen – bis Mitte der 1950er Jahre Kohle abgebaut, als ein rentables Wirtschaften längerfristig nicht mehr zu erwarten war und noch dazu ein großer Brand im Tiefbaufeld die Arbeit im Stollen bedrohte. Anstelle von Kohle bohrte man jedoch eine Schwefelquelle an, die Häring zum einzigen Bäderkurort Tirols erhob. Der unterirdische Brand aber ist bis heute nicht erloschen, immer wieder treten in Häring heiße Brandgase an die Oberfläche und erinnern an die Zeit, in der in Tirol „schwarzes Gold“ abgebaut wurde.
Kontakt
Generalsekretariat des EVTZ "Europaregion Tirol - Südtirol - Trentino"
Waaghaus - Laubengasse 19/A, I-39100 Bozen