CAIROS - Harmonisierung der Arbeitsabläufe von Lawinenkommissionen in der Euregio
CAIROS ist ein INTERREG-Projekt der „Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino“ in Zusammenarbeit mit den Ländern Tirol, Südtirol und Trentino sowie Salzburg und Kärnten. Das Hauptziel ist es, die Arbeitsweisen der Lawinenkommissionen zu vereinheitlichen, ihre Zusammenarbeit zu stärken und damit das Lawinenrisikomanagement zu verbessern.
Bisherige Highlights
- Grenzüberschreitender Austausch mit Mitgliedern der Lawinenkommissionen des Trentino, Südtirols und Tirols.
- Vorstellung der Euregio-Lawinenkommissionen und Veröffentlichung der Ideen hinter dem CAIROS Projekt bei der wichtigsten internationalen Tagung der Schnee- und Lawinenwissenschaft: ISSW 2024 in Tromsø, Norwegen.
- Wechselseitige Besuche und Analysen der Ausbildungen für Lawinenkommissionen in allen drei Regionen der Euregio.
- Erste Schritte hin zur Nutzbarmachung von Lawinensimulationen in der täglichen Praxis von Lawinenkommissionen.
- Ausarbeitung eines neuen Softwaresystems für Lawinenkommissionen bzw. einer neuen Lawinenkommissions-App.
Einleitung

Karte der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino mit den Gemeinden, die eine oder mehrere Lawinenkommissionen einsetzen (grau, rot, violett). Die Pilotregionen Brenner/Brennero und Sellajoch/Passo Sella sind dünkler eingefärbt und die entsprechenden Kommissionen beschriftet. © Jakob Schwarz

In den drei Regionen der “Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino” hat es jahrzehntelange Tradition, dass die lokale Einschätzung des Lawinenrisikos durch Lawinenkommissionen erfolgt. Diese bestehen aus fach- und ortskundigen Personen. Falls für eine bestimmte Infrastruktur (z.B. Straße, Gebäude, Siedlung, Liftanlage, Piste, Loipe usw.) und Menschen, die diese benutzen bzw. sich dort aufhalten, ein Lawinenrisiko besteht, empfehlen die Kommissionen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr oder Risikoreduktion (z.B. Betretungsverbote, Sperren, Evakuierungen, Sprengungen usw.).
Diese Form des Umgangs mit dem Lawinenrisiko im alpinen Raum sollte keine administrativen Grenzen kennen. Der grenzübergreifende Austausch bei der lokalen Beurteilung der Lawinengefahr durch Lawinenkommissionen auf Gemeindeebene wird jedoch durch Unterschiede in der Gesetzgebung, der Verwaltung und der Arbeitsstrukturen erschwert.
Hier setzt das Projekt CAIROS an: Zwischen 2024 und 2026 stehen insgesamt etwa € 732.000,- zur Verfügung (70% davon INTERREG-finanziert) um die Arbeitsweisen der Lawinenkommissionen länderübergreifend zu analysieren und Möglichkeiten für eine bessere Zusammenarbeit zu schaffen. Je eine Vollzeit beschäftigte Person in Innsbruck, Bozen und Trient koordinieren die Projektagenda. Neben den Euregio-Partnern Tirol, Südtirol und Trentino sind auch die österreichischen Bundesländer Kärnten und Salzburg assoziierte Partner im CAIROS Projekt. Mit ihnen wird ein intensiver Austausch gepflegt.
In der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino gibt es insgesamt 324 Lawinenkommissionen mit insgesamt etwa 1850 Mitgliedern. Um die Methoden und Zwischenergebnisse des Projekts CAIROS zu diskutieren und mit einigen Kommissionen verstärkt in persönlichen Austausch zu treten, wurden zwei Pilotregionen bestimmt.
- Pilotregion Brenner/Brennero an der Grenze zwischen Tirol und Südtirol mit den Kommissionen Obernberg, Gries und der “ÖBB-Kommission Brenner” auf der Tiroler Seite sowie der Kommission der Gemeinde Brenner auf der Südtiroler Seite.
- Pilotregion Sellapass/Passo Sella an der Grenze zwischen Südtirol und dem Trentino mit den Kommissionen Wolkenstein/Selva auf der Südtiroler Seite sowie den Kommissionen Canazei, Mazzin und Campitello auf der Trentiner Seite.
Ziele des Projekts

Schneedeckenuntersuchung in Gruppen bei einem Ausbildungskurs der AINEVA am Passo Rolle, Trentino, Italien, am 30.01.2025. © Michael Winkler

Der Fokus liegt stets auf der Harmonisierung der Arbeitsweisen und Strukturen. Konkret befasst sich das Projekt mit drei Themen.
- Zum einen wird aktuell eine gemeinsame Ausbildungsstruktur erarbeitet.
- Des Weiteren wurde das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) engagiert, um moderne Lawinensimulationen für die tägliche Praxis von Lawinenkommissionen verwendbar zu machen.
- Nicht zuletzt arbeitet das Projektteam fieberhaft an der Umsetzung einer gemeinsamen Software bzw. einer App für Lawinenkommissionen.
Ausbildung und Standards
Was muss ein Mitglied einer Lawinenkommission können?
Um diese Frage zu beantworten, wurden im ersten Projektjahr die notwendigen Kompetenzen von Mitgliedern einer Lawinenkommission analysiert und ein gemeinsamer Standard entwickelt. Um diese Standards in allen Regionen ausbilden zu können, wurden im Projekt CAIROS Ausbildungsstrukturen erarbeitet, die in allen Regionen unabhängig von besonderen Bedürfnissen und rechtlichen Hintergründen anwendbar sind. Im zweiten Projektjahr werden Lehrpläne und Kursinhalte definiert sowie Lehr- und Lernunterlagen bereitgestellt. Das Proektteam ist bestrebt, nichts neu zu erfinden, sondern Bestehendes zusammenzuführen und legt dabei den Schwerpunkt auf Online-Aspekte und den Austausch mit verschiedenen Partner, wie zum Beispiel dem Arge Alp Projekt Snow.Institute, dem Österreich-Bayern Interreg Projekt RisKLIM oder dem Italien-Schweiz Interreg Projekt CONPROVA.
Entscheidungshilfe durch Lawinensimulationen

Beispielhafte Darstellung von Ergebnissen der Lawinensimulation für ein Lawinenszenario und die dazugehörigen Eingabeparameter. © BFW

Wie kann man moderne Lawinensimulationen für die tägliche Praxis von Lawinenkommissionen nutzbar machen?
Das Projekt CAIROS möchte den Werkzeugkasten der Lawinenkommissionen erweitern und ihnen auch Ergebnisse moderner Lawinensimulationen tagesaktuell zur Verfügung stellen. Dazu wurde das BFW - Bundesforschungszentrum für Wald beauftragt, gemeinsam mit dem CAIROS-Team, eine Möglichkeit zu entwickeln, um aus dem tagesaktuellen Lawinen.Report die nötigen Informationen zu gewinnen, um mögliche Lawinen zu simulieren. Zunächst wurde ein Algorithmus entwickelt, der potentielle Auslösegebiete ausweist, außerdem fließen diverse Geländeparameter in die Modellierung ein. In den nächsten Monaten wird eine große Menge an denkbaren Szenarien für die Lawineneinzugsgebiete der Pilotregionen vorberechnet, damit dieses weltweit einzigartige Werkzeug im Winter 2025/26 bereits die Entscheidungsfindung der Pilotkommissionen unterstützen kann.
Gemeinsame Lawinenkommissions-App

Schematische Darstellung der angestrebten Software-Architektur. © CAIROS

Wie können Lawinenkommissionen gegenseitig von ihren Beobachtungen und Beurteilungen profitieren?
Indem sie eine gemeinsame Software zum
- Einholen von Informationen,
- Eintragen und Austauschen von Beobachtungen,
- Beurteilen des Lawinenrisikos und
- Protokollieren von Entscheidungen
verwenden!
Software-Lösungen für Lawinenkommissionen gibt es bereits seit etwa 20 Jahren, mittlerweile sind diese aber teilweise veraltet und erfüllen nicht mehr die Bedürfnisse einer auf dem Smartphone basierenden Arbeits- und Kommunikationskultur. Außerdem können die auf dem Markt befindlichen Produkte nur ungenügend miteinander kommunizieren. Anzustreben ist ein Software-System “aus einem Guss”.
Das Projekt CAIROS zielt darauf ab, eine moderne Lawinenkommissions-App zu entwickeln, die von möglichst allen Kommissionen verwendet wird und offen mit anderen Instrumenten kommunizieren kann. Nach aufwendigen Vorarbeiten seitens des CAIROS Teams und mit Unterstützung von IT-Profis wurden im ersten Projektjahr die technischen Erfordernisse definiert. Nun geht es an die Umsetzung des Geplanten, wobei höchstwahrscheinlich die DVT - Datenverarbeitung Tirol die Programmierung übernehmen wird. Aufgrund der vielverprechenden Leistungen des avisierten Produkts sind neben der Euregio auch fast alle anderen Bundesländer Österreichs, in denen es Lawinenkommissionen gibt, an einer Beteiligung interessiert.
Rückblick in Bildern - Der erster Projektwinter 2024/25



Diverse Lawinenkommissionskurse in Tirol, Südtirol und dem Trentino
“Lawinenrisiko über Grenzen hinweg bewerten” ist das Kernthema des CAIROS Projekts. Dieses Video entstand bei einem Lawinenkommissionskurs in der Axamer Lizum im Februar 2025, bei dem das CAIROS-Team wertvolle Einblicke in die tägliche Arbeit der Lawinenkommissionen sowie deren Bedürfnisse und Probleme erlangen konnte. Die Lawinenkommissionsmitglieder wurden im Rahmen dieses Spezialkurses intensiv in der Durchführung von Schneedeckenuntersuchungen und Schneedeckentests geschult (Video: Land Tirol).
Presse und Artikel
- Lawinenrisiko über Grenzen hinweg bewerten (Land Tirol, 01.03.2025)
- CAIROS: prendere le decisioni giuste al momento giusto (Terra Trentina, n. 3 anno 2024)
- Euregio-Projekt CAIROS (Berge Eleben 04/24)
- Bewertung von Lawinenrisiko: Euregio arbeitet am Feinschliff (LPA, 21.10.2024)
- Euregio-Projekt CAIROS bei Lawinenkonferenz in Norwegen vorgestellt (LPA, 02.10.2024)
- Schnee und Lawinen: Gemeindekommissionen und Förster bilden sich fort (LPA, 08.02.2024)
Hinweis
Das Projekt wird gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und Interreg VI-A Italien-Österreich 2021-2027.

Kontakt

Abteilung Krisen- und Gefahrenmanagement (Land Tirol)
Dr.rer.nat. Michael Winkler
Wilhelm-Greil-Straße 17, A-6020 Innsbruck

Amt für Meteorologie und Lawinenwarnung (Autonome Provinz Bozen - Südtirol)
Jakob Schwarz
Drususallee 116, I-39100 Bozen

Dipartimento Protezione Civile Foreste e Fauna (Provincia di Trento)
Alice Gasperi
Via Vannetti, 41, I-38122 Trient