Fast ein Jahrzehnt, nachdem die Staats- und Regierungschefs der EU den Zugang zu angemessenem Wohnraum als Grundrecht anerkannt hatten, betonte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, es sei nun an der Zeit, dieses Versprechen einzulösen.
„Ein Haus, das ist mehr als einfach nur vier Wände und ein Dach. Es bedeutet Sicherheit, Wärme, ein Ort für Familie und Freunde“, sagte sie den Mitgliedern des Europäischen Parlaments in ihrer Rede zur Lage der Union 2025 in Straßburg. „Aber für zu viele Europäer*innen bringt das Zuhause heute große Sorgen mit sich.“
Die Suche nach erschwinglichem Wohnraum ist zu einer der größten Herausforderungen in Europa geworden. Laut Eurostat-Daten (2025) sind die Immobilienpreise seit 2015 durchschnittlich um 53 % und die Mietpreise seit 2010 um 28 % gestiegen. Viele Haushalte geben mittlerweile mehr als 40 % ihres verfügbaren Einkommens für Wohnen aus, und junge Menschen ziehen später als je zuvor aus – im Durchschnitt mit 26 Jahren. Gleichzeitig sind die Baugenehmigungen für Wohngebäude seit 2021 um mehr als 21 % zurückgegangen.
„Das ist mehr als eine Wohnungskrise“, sagte von der Leyen. „Es ist eine soziale Krise.“
Die Erschwinglichkeit von Wohnraum ist eine zentrale Priorität ihrer zweiten Amtszeit. Zu diesem Zweck hat sie den Dänen Dan Jørgensen zum ersten EU-Kommissar für Wohnungswesen ernannt. Bis 2026 will die Europäische Kommission den Europäischen Plan für erschwinglichen Wohnraum vorlegen. Dieser soll Maßnahmen zur Beschleunigung des Wohnungsbaus, zur Renovierung bestehender Gebäude und zur Überarbeitung der Vorschriften für staatliche Beihilfen enthalten.
Bereits im März 2025 kündigten die Europäische Kommission und die Europäische Investitionsbank Investitionen in Höhe von rund 10 Milliarden Euro an, die in den kommenden zwei Jahren in erschwinglichen und nachhaltigen Wohnraum fließen sollen.
Von der Leyen kündigte zudem eine neue Rechtsetzungsinitiative für kurzfristige Vermietungen an. Gleichzeitig soll es einfacher werden, neue Wohnhäuser und Studierendenwohnheime zu errichten. Abschließend kündigte sie an, einen ersten EU-Wohnraumgipfel einberufen zu wollen.
Bis zum 17. Oktober 2025 bleibt die öffentliche Konsultation zur Einreichung von Beiträgen offen, in der Bürgerinnen und Bürger, lokale Behörden und Interessengruppen aufgefordert sind, ihre Ansichten und Vorschläge zur Bewältigung der Wohnungskrise einzubringen.
In der Zwischenzeit hat das Europäische Parlament einen Sonderausschuss für die Wohnungskrise (HOUS) eingerichtet – ein vorübergehendes, themenspezifisches Gremium, das die Ursachen analysieren und Lösungen auf EU-Ebene vorschlagen soll. Im September 2025 verabschiedete das Parlament neue Regeln, die es den EU-Kohäsions- und Sozialfonds ermöglichen, erschwinglichen Wohnraum zu fördern. Zudem forderten die Abgeordneten die Mitgliedstaaten auf, ihre nationalen Mittel für erschwinglichen Wohnraum mindestens zu verdoppeln und bezeichneten die Wohnungskrise in Europa als „schwerwiegend“.