Die Herausforderungen für innovative Unternehmen in Europa
In den vergangenen Jahrzehnten ist die Zahl der Start-ups und innovativen Unternehmen in Europa stark gewachsen. Dennoch gilt die Europäische Union oft als ein schwieriges Umfeld für ihre Entwicklung, ihr Wachstum und ihren Eintritt in internationale Märkte.
Ein zentrales Problem ist der Mangel an öffentlichen Mitteln für Forschung und Entwicklung (F&E): Das EU-Ziel, 3 % des Bruttoinlandsprodukts in F&E zu investieren, ist bislang nicht erreicht – aktuell liegt der EU-Durchschnitt bei 2,26 %, während die USA 3,59 % investieren.
Hinzu kommt eine geringe Risikobereitschaft von Unternehmerinnen, Unternehmern und Investoren. Viele vielversprechende europäische Start-ups und Scale-ups (schnell wachsende Unternehmen, die sich kurz vor dem Markteintritt befinden) verlagern daher ihren Sitz ins Ausland. Zwischen 2008 und 2021 haben fast 30 % der europäischen Start-ups, die zu sogenannten „Einhörnern“ (mit einer Bewertung von über einer Milliarde Dollar) wurden, ihren Hauptsitz außerhalb der EU verlegt. Heute sind nur etwa 8 % der globalen Scale-ups in Europa ansässig.
Ein weiterer Bremsfaktor ist die zersplitterte Rechts- und Steuerlandschaft: In der EU existieren 27 unterschiedliche nationale Regelungen, die die grenzüberschreitende Expansion erschweren. Um diese Hürden abzubauen, hat die Europäische Kommission nun einen Vorschlag für ein „28. Steuerregime“ vorgelegt. Ziel ist es, die Bedingungen für innovative Unternehmen im Binnenmarkt zu vereinfachen und Europa als Standort weltweit attraktiver und wettbewerbsfähiger zu machen.
Das 28. Regime – eine strategische Antwort Europas
Das 28. Regime ist Teil der EU-Strategie für Start-ups und Scale-ups, mit der die Kommission das Innovationsgefälle zwischen der EU und anderen Weltregionen verringern und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit Europas stärken möchte.
Die Idee: die bestehenden nationalen Regelungen vereinfachen und vereinheitlichen, damit Unternehmen in der gesamten EU unter demselben rechtlichen Rahmen agieren können.
Die Strategie berücksichtigt sowohl den Letta-Bericht über die Zukunft des Binnenmarkts als auch den Draghi-Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit der EU. Letzterer, vorgestellt im September 2024, betonte die Notwendigkeit einer tieferen Integration und schlug die Schaffung eines europäischen Rechtsstatus für Unternehmen vor, der einheitliche Regeln im Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht, Arbeitsrecht und Steuerrecht vorsieht. Auch der Letta-Bericht forderte ein Ende der regulatorischen Zersplitterung, die insbesondere das Wachstum von Start-ups und kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) behindert.
Rechtliche Hürden abbauen – Innovation fördern
Die rechtliche Zersplitterung gilt als einer der Hauptgründe für die noch unvollständige wirtschaftliche Integration des europäischen Binnenmarkts. Das neue Regelwerk soll dem entgegenwirken:
Mit digitalen und innovativen Lösungen will die EU die Gründung, das Wachstum und die Verwaltung von Unternehmen vereinfachen – und gleichzeitig die mit Insolvenzen verbundenen Kosten verringern.
Über eine zentrale, mehrsprachige Online-Plattform sollen Unternehmen künftig ihre Registrierung, Verwaltung und den Zugang zu Dienstleistungen schnell, sicher und transparent abwickeln können – dank harmonisierter Standards und moderner Technologien.
Ein Schritt zu einem integrierten und innovativen Europa
Das 28. Regime bietet die Chance, die Europäische Union zu einem stärker integrierten, attraktiven und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsraum zu machen. Durch ein harmonisiertes und vereinfachtes Regelwerk will die Europäische Kommission bestehende Barrieren im Binnenmarkt überwinden, dessen Vollendung vorantreiben – und die Innovationskraft europäischer Start-ups und Scale-ups nachhaltig stärken.
