100 Jahre Tiroler Landes-Brandschaden-Versicherungsanstalt
„Organisierte Selbsthilfe vor den Folgen von Unglücksfällen“

Die Mitglieder bzw. Mitarbeiter der Landes-Brandschaden-Versicherungsanstalt anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums am 11. Oktober 1925 vor der Jesuitenkirche in Innsbruck. © Bibliothek des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum, Sig. W 26613/1

Die Tiroler Landes-Brandschaden-Versicherungsanstalt ist die älteste Versicherung Tirols und zählt zu den Pionieren des österreichischen Versicherungswesens. Vor 200 Jahren nahm die „Feuer-Assekuranz-Anstalt für Tirol“ nach der Genehmigung ihrer Statuten durch Kaiser Franz I. im Jahr 1821 und mehrjährigen Vorarbeiten im Februar 1825 ihren Betrieb auf. Diese Feuer-Versicherungsanstalt war ein Privatverein unter der Leitung der Tiroler Stände, beruhte auf dem Grundsatz der Wechselseitigkeit und erstreckte sich ursprünglich auf das Gebiet des alten Kronlandes Tirol mitsamt dem Land Vorarlberg.
Ihr 100-jähriges Jubiläum beging die Tiroler Landes-Brandschaden-Versicherungsanstalt vor 100 Jahren „in feierlicher Weise“, wie der Tiroler Anzeiger am 12. Oktober 1925 berichtete. Dabei blickte der damalige Landeshauptmann Franz Stumpf auf die bewegte Geschichte der Anstalt zurück:
„Hundert Jahre sind nun vorbeigezogen, seitdem in Tirol unsere Landes-Brandschadenversicherungsanstalt ihre Tätigkeit aufgenommen hat. Sie zählt zu den ältesten Unternehmungen dieser Art; denn[,] bin ich gut unterrichtet, so existiert in Österreich nur eine einzige Anstalt, die sich rühmen darf, um einige Monate früher ihre Schalter geöffnet zu haben.
[…]
Vergessen wir nicht, daß es sich damals um etwas ganz Neues, ganz Unerprobtes handelte, daß die Kindheitstage unserer Anstalt in ganz andere Zeitläufte mit ganz anderen Auffassungen und einem ganz anderen Gesichtskreise fielen und daß noch die Kinderkrankheiten, die einem solchen Beginnen nie erspart bleiben, zu überdauern waren. […]
Wir müssen uns im Geiste in die Zeit zu Beginn des vorigen Jahrhunderts zurückversetzen, um die gewaltige Bedeutung zu ermessen, welche die Gründung unserer Anstalt und ihre Wirksamkeit in den ersten Jahrzehnten ihres Bestandes für den Versicherungsgedanken und damit für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung unserer Heimat überhaupt hatte. Von diesem Gesichtspunkte aus ist diese Feier mehr als eine Jubiläumsfeier eines Unternehmens, es ist das Jubiläum eines Gedankens, der, unter gänzlich anderen Verhältnissen entstanden, alle politischen und wirtschaftlichen Wandlungen eines langen Jahrhunderts überdauert hat und heute nicht minder als vor hundert Jahren dem Wohle der Bevölkerung dient und es befruchtet. Es ist der Gedanke des Zusammenschlusses der von Feuersgefahr Bedrohten, um im Wege organisierter Selbsthilfe vor den Folgen von Unglücksfällen zu schützen, die sonst den Untergang oder mindestens eine gefährliche Bedrohung der Existenz der Betroffenen bedeuten würden. […]
So wurde die Anstalt, für welche noch kein Vorbild zur Nachahmung bestand, selbst Vorbild und Beispiel: sie hat, indem sie die Mittel für den Wiederaufbau nach geschehenem Unglück beistellte, nicht nur den Versicherten Schutz gewährt, sie hat Volksvermögen erhalten und die Grundlage für den Realkredit geschaffen; sie gab nicht nur einmal den kräftigen Impuls zur Einführung einer rationellen Bauweise, um damit die Feuersgefahr herabzumindern, ebenso wirkte sie mit bei der Schaffung und dem Ausbau eines verläßlichen, möglichst gut funktionierenden Feuerlöschwesens.“
Nach dem Ersten Weltkrieg war die Versicherungsanstalt übrigens in einen österreichischen und einen italienischen Zweig geteilt worden, die beide bis heute bestehen und fest in der Bevölkerung verankert sind: die Tiroler Versicherung in Innsbruck und die ITAS Mutua (Istituto Trentino-Alto Adige per Assicurazioni) in Trient.
Maria Pichler
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