100 Jahre Stilfser-Joch-Straße
Kaiserobelisk im italienischen Geiste

Zum hundertjährigen Bestehen der Stilfser-Joch-Straße 1925 wurde der Kaiser-Franz-Joseph-Obelisk, der ursprünglich für den Ortlergipfel vorgesehen war, mit neuer italienischen Inschrift im politischen Geist der faschistischen Zeit auf der Passhöhe aufgestellt © Arthur Gfrei, aus dem Buch „Das Stilfser Joch im 20. Jahrhundert“ und „Die Stilfser Joch Straße – Wie das Technikwunder in den 1820er Jahren in Rekordzeit gebaut wurde“

Das Stilfser Joch ist mit seinen 2757 Metern nach dem französischen Col de l’Iseran der zweithöchste befahrbare Alpenpass. Die rund 50 Kilometer lange Straße mit 82 Kehren und sechs Tunneln wurde zwischen 1820 und 1825 errichtet. Sie gilt als technische Pionierleistung, die dazu diente, die Lombardei – damals Teil des Kaisertums Österreich – verkehrstechnisch besser an die übrigen Reichsteile anzubinden.
Mit dem Vertrag von Saint-Germain fiel das Stilfser Joch 1920 an Italien und wurde damit zu einem inneritalienischen Pass. Anlässlich des hundertjährigen Bestehens der Straße errichtete man auf der Passhöhe den Kaiser-Franz-Joseph-Obelisken. Dieser war ursprünglich für den Ortler-Gipfel vorgesehen gewesen, konnte dort jedoch aus logistischen Gründen nie aufgestellt werden und fand zunächst seinen Platz auf der Franzenshöhe. Zum Jubiläum wurde er auf die Passhöhe versetzt – allerdings ohne das Bildnis des Kaisers und stattdessen versehen mit einer italienischen Inschrift, die im politischen Geist der faschistischen Zeit an den Bau der Straße erinnerte.
Die Meraner Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 8. September 1925 über die Feierlichkeiten und das Denkmal.
„Bis 1 Uhr soll der Paß erreicht werden. Wir begleiten die Festteilnehmer im Gedanken weiter. Es hat allen Anschein, als ob der Himmelsdom sein ungetrübtes Tiefblau beibehalten und die reine Luft unvergeßlich eindrucksvollen Rundblick gewähren dürfte – vielleicht wie vor 100 Jahren, als erstmalig vielgeplagte Pferde nach mühseligen, fast endlosen Stunden in den Altväter-Karossen die Groß-, wenn nicht gar Urgroßeltern hier herauf gezogen. Ein scharfer Paßwind mag trotz des Sonnenscheines der Eisfelder Nähe ziemlich fühlen lassen. Ein Buffet im neuen Paßhotel ist vorgesehen. Am Obelisken, der, hundertjährig, nun einen etwas höheren Standpunkt erhalten, wird Abg. On. Morelli in seiner offiziellen Festrede über die Bedeutung der nun hundertjährigen Hochalpenstraße sprechen, worauf die Hülle fällt.
Die sich nun zeigende Inschrift lautet:
VALTELLINESI E ALTO-ATESINI
LA COMUNE STIRPE – LA CIVILITÀ PRIMA
DALL’ALMA ROMA IRRADIATA
RICONSACRANO
CONCORDI AUSPICANDO
DA RINNOVATO ITALICO ARDIMENTO
CONSENSO IDEALI – FERVORE DI TRAFFICI
FRATTELLANZA DI POPOLI
MCMXXV – 8 Settembre
nel 1°Centenario
del valico dello Stelvio
Zu deutsch ungefähr:
Valtelliner und Hochetscher eines gemeinsamen Stammes geben, bestrahlt von der hehren Roma Hochkultur, neuerlich dem einträchtigen Wunsche und der wiedergeborenen Zuversicht der Gleichheit der Ideale und des innigen Wechselverkehrs in Brüderlichkeit der Völker weihevollen Ausdruck. Zur ersten Jahrhundertfeier der Stilfserjochstraße.
Nach der kirchlichen Einweihung des Gedenksteines durch den Dekan der Stilfserjochstraße und der Uebergabe des Obelisken an das Zivilbauamt Meran, für das ihn Ingen. Pernter in Obsorge übernimmt, wird man sich dem Imbiß am aus den Kriegsruinen neu erstehenden Hotel ‚Ferdinandshöhe‘ gut munden lassen.“
Kontakt
Generalsekretariat des EVTZ "Europaregion Tirol - Südtirol - Trentino"
Waaghaus - Laubengasse 19/A, I-39100 Bozen